Der vielfache deutsche Cross und Marathonmeister lud mich zum Abendessen ein. Höhepunkt des Abends: die Schnupftabakspur auf einem Eishokeyschläger

 

Thüngersheim/Bayern. 2722 Einwohner. Bocksbeutellauf. 10 km. 230 Teilnehmer. www.tsv-thuengersheim.de

Angemeldet hatte ich mich zum Dorflauf in Thüngersheim, weil er einen so schönen Namen hat: Bocksbeutellauf. Klingt doch nett, dachte ich. Und tatsächlich: Start und Zielbogen, Musik, Moderation und eine riesige Kuchentheke! (Und ich Depp hatte kein Geld dabei!). Trotz miesem Regenwetters waren von den Schülern bis zu den Walkern über 200 Menschen am Start. Einfach toll. 

Als ich in Thüngersheim eintraf, um meine Startnummer abzuholen, bemerkte ich zwei große Plakate, darauf zu sehen: Reinhard Leibold. Ich hatte ja keine Ahnung, dass der vielfache deutsche Cross und Marathonmeister aus Thüngersheim stammt. Mit 2:13, 24 Stunden lief er einst die Olympianorm für Moskau, 1980, und musste wegen des damaligen Boykotts doch zu Hause bleiben. Eine sehr bittere Erfahrung. Leibold ist ein fränkisches Urgestein des Laufsports und lief lange Jahre für Quelle Fürth. In meiner Jugend war er eine Legende.  

Gelaufen wird in Thüngersheim auf einer 2,5 km Runde. Die Strecke führt entlang der Weinberge aus dem Dorf hinaus, dann gibt es eine Spitzkehre, und auf dem Radweg zurück zum Dorf. Einfach und gut. Als ich in der erste Runde auf dem Rückweg war, schaute ich verträumt zu den Weinbergen und konnte auf den Parallelweg schon wieder die Spitzenläufer ausmachen, die in der zweiten Runde waren.

Reinhard Leipold ist ein Unikat. Meine erste Begegnung hatte ich mit ihm in Zirndorf. Wir hatten dort, in der Nähe von Führt, einen Nachwuchslehrgang. Als Motivation schauten ab und zu die großen Stars von Quelle Führt vorbei. So auch Leibold. Er zeigte uns seine Lieblingsrunde. Hier nach rechts, dort nach links, dann am Tümpel vorbei, über eine Straße,….. Mit einem Mal blieb er stehen und meinte, er habe e sich verlaufen. Ratlos ging er auf und ab, verschwand plötzlich im Unterholz und holte eine Kiste Bier heraus. „Hauptsache wir haben was zu Trinken“, lachte er verteilte Freibier.

In meiner zweiten Runde beim Dorflauf in Thüngersheim schaute ich wieder hinüber zu den Weinbergen und sah, dass der führenden Läufer bereits kurz vor der Spitzkehre war. Oje, dachte ich, heute werde ich überrundet. 

Reinhard Leibold lud mich einmal bei einer Cross-Meisterschaft zum Abendessen der Fürther Läufer ein. (Abwerbungsgespräche bei netter Atmosphäre). Leibold „führte“ durch den Abend. Der Höhepunkt seiner Show: Die Schnupftabakspur auf einem Eishokeyschläger! Als Aufnahmeritual sollte ein Mannschaftskollege diese Schnupftabak in einem Zug wegschnupfen. Leibold machte es vor! Es war unglaublich. Der Neuzugang schnupfte, schniefte, litt. An diesem Abend war mir klar: zu Quelle Führt werde ich niemals wechseln.

Übrigens: Überrundet zu werden finde ich Sch… Deshalb zog ich in der dritten Runde das Tempo an. Was muss, das muss. Der Führende war keine 500 Meter hinter mir. Ich kämpfte, Puls 190, und als ich in meine letzte Runde eingebog, hört ich den Moderator schon brüllen: „Da kommt der Sieger, mit einer Zeit….“. Gerade noch geschafft. Endlich konnte ich wieder normal laufen. Immer diese Tempohatz…..

Schade, dass Leibold nicht zum Dorflauf in sein Heimatort kommen konnte. Gemeinsam mit ihm auf der Bühne, mit einem Eishockeyschläger voller Schnupftabak, nicht auszudenken! Dagegen lernte ich seinen Neffen kennen.Er stand am Kaffee und Kuchenstand und war für den Verkauf zuständig. Ich sagte ihm: Dein Onkel, der Leibold Reinhard, wird den Kaffee und Kuchen beim nächsten Familienfest bestimmt für mich übernehmen.“ Damit war er einverstanden. Danke. Thüngersheim, danke Reinhard.