Was hätte ich nach dem Debakel posten sollen? Zur Ablenkung ein Katzenvideo? Schnell zugänglich hätte ich nur eins von den Wildschweinen am Spitzberg.

 

Mauren. 460 Einwohner. Maurener Dreikönigslauf. 10 Kilometer. 140 Höhenmeter. (gefühlt 200). www.lg-donau-ries.de

Ganz schön viele Gelbsocken am Start, beim Dreikönigslauf in Mauren.

Wenn ich auf Instagram wäre, hätte ich meinen zweiten Start beim Dorflauf in Mauren natürlich so-was-von abgefeiert. Ich hätte Bilder hochgeladen, mit Smiley, Sonne, Sternen und – klar – mit Musik. Aber zum Glück bin ich in den sozialen Medien nicht zu Hause. Ich sage immer: Mich gibt es nur „in echt“. 

In echt war ich wie im Vorjahr auch in Mauren, denn nur wenige Tage nach meinem Start im letzten Jahr bekam ich per mail die Anfrage, ob ich mein Kabarett Programm einen Tag vor dem nächsten Dreikönigslauf in Mauren spielen wollte. Klar wollte ich und so wurde es in diesem Jahr Theater und Laufen. Was bei mir im Grunde ja (fast) Programm ist. Aber, mein Start in diesem Jahr ist eigentlich keine Geschichte wert. Bestimmt erinnern Sie sich noch an meine Kolumne vor einem Jahr. Dreikkönigslauf Mauren: Ich finishte damals fast auf die Sekunde genau zehn Kilometer in 40 Minuten und in den Top Ten. Verrückt. Und sicher erinnern Sie sich an die Beschreibung der Strecke: gleich nach dem Start über das freie Feld, rein in den Wald, bergan, bergab, wieder aus dem Wald, an Äcker und Wiesen vorbei, immer auf und ab, vorbei am Schnitzelwirt an der Strecke. 

Ah ja, jetzt erinnern sie sich, was? Nein? Wie konnte ich annehmen, dass sich irgendwer an Details meiner Kolumnen erinnern würde. Sonst wüssten sie ja, wie bockelhart die Strecke in Mauren ist. Das soll jetzt keine Entschuldigung sein, wirklich nicht, aber, um das vorweg zu nehmen, im Gegensatz zum letzen Jahr habe ich auch kaum trainiert und fühlte mich irgendwie schlapp. 

Um es kurz zu machen: Es lief gar nicht. Deshalb an dieser Stelle ein Tipp: Sollten Sie irgendwo im vergangenen Jahr besonders gut gelaufen sein, so starten Sie in diesem Jahr dort besser nicht. Der Vergleich läuft mit und macht total unlocker. Jeden Kilometer ein Blick zur Uhr, – ein Elend! 

Eine Minute und 45 Sekunden langsamer als im Vorjahr. Stellen Sie sich das vor! Eine Minute 45 Sekunden! Im Schnitt zehn Sekunden auf jeden einzelnen Kilometer l-a-n-g-s-a-m-e-r. Es war ein Debakel. Gut dass ich keinen Sozial-Media-Kanal habe. Was hätte ich das „posten“ sollen? Zur Erheiterung und Ablenkung ein Katzenvideo. Schnell zugänglich in meinem Archiv habe ich ich nur eins von den Wildschweinen, die meinen Garten durchwühlen aufgenommen, von meiner Nachtsichtkamera. DieSchweine. Kein Wort von Mauren hätte ich gepostet. 

Es ist übrigens gut, dass ich vor 30 Jahren mit Dingen wie Instagram nichts zu tun hatte. Mal ehrlich, irgendwie tun mir die heutigen Athletinnen und Athleten leid. Immerzu müssen sie sich kundtun. Ich bin hier, da, dort. Ich esse das, esse wann, wie und warum. Ein Foto, wie sie im Eisbecken sitzen, und das, (kein Witz!), zur Erholung! Ich glaube, sowas kann sehr anstrengender sein – das Eisbecken wie auch die sozialen Medien. Wenn ich im September meinen letzten Wettkampf gelaufen war, gab es mich bis Mitte Februar erst einmal nicht mehr. Ob ich 100 Kilometer in der Woche oder 150 gelaufen bin, hat es keiner erfahren. Ob das Tempoprogramm gut, schlecht oder gar nicht stattgefunden hat – egal.  

Gut, darum geht es natürlich nicht in den sozialen Medien. Eine Rolle spielen dort nämlich alle (manchmal keine glückliche) und jeder trötet auf seiner eigenen Posaune. Mein Wintertraining damals lief unbeachtet ab. Und diese Zeit des Nicht-beachtet-Werdens war sehr wichtig, denn nicht jede Einheit lief wie gewünscht. Es war ein Auf und Ab, wie sie Strecke beim Dreikönigslauf in Mauren – mal Weltklasse, mal Debakel. Das war aber nicht schlimm, weil keiner davon erfuhr. Ich musste mich nicht rechtfertigen, kein Theater spielen. Ich musste dieses Jammertal nur mit mir selbst aushalten, um dann in aller Ruhe wieder aus dem Tal herauslaufen. Heute muss man jedes Jammertal mit Bild, Video und Musik unterlegen, dass die Welt glaubt, dort scheint die Sonne. 

Eine Minute und 45 Sekunden langsamer. Habe ich eigentlich je die Geschichte der Wildsauen in meinem Garten erzählt?  Ich sage nur so viel: Sie sind zurück.