Würde ich es bei diesen 6,6 Kilometer belassen, hätte ich nur Vorteile: ein Laufen ohne Verletzungen, ohne große Anstrengung. Es könnte so einfach sein…

Auf dieser Runde am Spitzberg bin ich schon unzählige Kilometer gelaufen, besonders schnelle noch dazu. Ich spreche von der 3,3-Kilometer-Tempolaufrunde auf dem Spitzberg. Immer noch gehört sie zu meinen Hausstrecken, deshalb war völlig klar, dass ich die ersten Laufversuche nach meiner langen Verletzungspause in diesem Sommer auf dieser Runde machten würde. Eine Minute laufen, eine Minute gehen. So ging das ein paar Wochen. Es folgten längere Laufabschnitte und schließlich wagte ich mich auf eine zweite Runde, 6,6 Kilometer. So lief ich also nach vielen Wochen endlich wieder diesem kleinen Glück des Tages entgegen. 

So schön das Radfahren auch sein mag, aber ich spürte es beim Laufeinstieg wieder einmal überdeutlich: Laufen ist einfach die schönste Sportart. Es ist deshalb wenig verwunderlich, dass ich jede Minute, jede Flugphase meiner Beine, jeden Schritt genoß. Und auch wenig überraschend: die Laufgeschwindigkeit spielte dabei überhaupt keine Rolle. Warum auch? Ob ich nun sieben Minuten auf den Kilometer brauche oder sechs – egal! 

Die Hauptsache war, dass ich für ein paar Minuten am Stück die Beine heben konnte. Und was oder wen kümmert es, wenn ich nach ein paar Minuten eine kleine Gehpause mache? Übrigens halte ich bis heute an diesen Gehpausen fest. Meist laufe ich die 3,3 Kilometer Runde immer nur von Spitzkehre zu Spitzkehre. 1,6 Kilometer hin, 1,7 Kilometer zurück. Jeweils eine Minute Gehpause. Das ganze zweimal. Ergibt 6.6 Kilometer. 

Heute fühlen sich diese halben Runden viel schöner an, als die schnellsten Einheiten, die härtesten Duelle von damals. Einfach nur 1,6 Kilometer traben, (ohne Blick zur Uhr) dann Gehpause. Traben (die schmerzende Plantarsehne fast vergessen), Gehpause. Traben. (Plantarsehne ganz vergessen) Gehpause. Traben (war was mit der Plantarsehne?) 6,6 Kilometer. Fertig. Was, so frage ich mich, brauche ich mehr? Mehr als diese täglichen 6,6 Kilometer, lockerleicht laufend, mit ein paar Gehpausen? Das reicht für die Fitness, zur Gesunderhaltung, für die tägliche Dosis Glück. 

Warum nur wurden Tempoläufe erfunden und noch besser gefragt: warum nur machen ich, machen wir das? Fahrtspiel, Intervallläufe, Schnelligkeitstraining? Braucht kein Mensch. Oder die langen Läufe – eine Stunde, zwei, drei? Noch dazu an einem Stück, ganz ohne Gehpause. Nur für einen Start bei einem Marathonlauf? Ist das nicht verrückt? 

Oh Mann, werden Sie jetzt denken, die Zwangspause hat dem Baumann aber gar nicht gut getan. Und doch, der Gedankengang lässt mich nicht los. Würde ich es dabei belassen, bei diesen locker-leicht gelaufenen 6,6 Kilometer, hätte ich nur Vorteile: ein Laufen ohne Verletzungen, ohne große Anstrengung, ohne Uhr und Durchschnittszeiten. Es könnte so einfach sein. Ich müsste nur auf „das Mehr und Schneller“ verzichten. Auf den Long-Jog, auf die „hau-drauf-und-schluss-Bergläufe, auf die Duelle bei den Dorfläufen und damit auf die kleine Dosis Anstrengung. 

Verzicht. Ein wirklich böses Wort. Da tun sich selbst vernunftbegabte Menschen schwer.  Noch so ein Unwort: Vernunft. Gut, dass es auf dieser Seite nur ums Laufen geht. Da darf man doch auch mal unvernünftig sein. Über die Stränge schlagen, zu lang, zu schnell, zu hart laufen, bis die Achillessehne zwickt, die Wade schreit, die Plantarsehne schmerzt. So what? 

Beim Laufen konnte ich mich bisher immer darauf verlassen, dass ich eine Verletzung auskurieren kann. Deshalb werde  ich in den kommen Wochen natürlich wieder länger laufen und vor allem auch wieder schneller. Denn um die nächste Ecke kommt bestimmt bald ein Dorflauf, da möchte ich vorbereitet sein.

Es ist doch wirklich gut, dass es hier auf dieser Seite nur ums Laufen geht und nicht ums Klima. Das kuriert sich bestimmt nicht so schnell aus.