Bei der Führung durchs Heimatmuseum war ich nicht aufmerksam. Wie lang ist die Hochstraße? Waren es 100 Kilometer oder 1000? Aber die Zeit drängte, wir mussten zum Start. 

Weisendorf – Bayern – Einwohner 6600 – Hochstraßenlauf – 10 Km – www.hochstraßenlauf.de

Auf den ersten Blick sah es für mich am Computer zu Hause so aus, als ob wir beim Hochstraßenlauf in Weisendorf in der ersten Runde durch ein kleines Waldgebiet und in der zweiten Runde in einer Art Achterschleife über die Hochstraße laufen würde. Ich stellte mir die Hochstrasse als Wohnstrasse vor, die letzen Kilometer also durchs Dorf, großartig. Jetzt gab es für meiner Fantasie keine Grenzen mehr: Ich malte mir aus, wie Anwohner bei Bier, Bratwurst und Musik am Streckenrand für Stimmung sorgten. Dorffeststimmung sozusagen.   

Im Heimatmuseum, das als Startnummernausgabe, Nachmeldezentrum, und Verköstigung der Läuferfamilie diente – ich sage nur: gekühlte Kuchentheke -, erfuhr ich, dass der Heimatverein auch Ausrichter des Laufes ist. Die Medaillen hingen an einem Besenstil aufgereiht zwischen alten Pferdekutschen, einem historischen Mähdrescher und ausgestopften Perlhühnern (oder waren es Enten?). Eine alte Schultafel lud zum Vortrag ein, in Schulkreide und mit krakeliger Schrift stand dort: „Pilgern – Gestern – Heute“. Sehr passend, denn ich pilgere ja auch seit zwei Jahren von Dorflauf zu Dorflauf. Unmittelbar daneben: die Nachmeldung. Brav trug ich mich in meine Pilgerstätte ein. 

Der Hochstraßenlauf bekam seinen Namen tatsächlich wegen der Hochstrasse, und diese führt natürlich nicht durch ein Wohngebiet, sondern ist eine uralte Handelsroute, die meist  durch den Wald führt. Wobei die Laufstrecke beim heutigen Lauf nur knapp einen Kilometer über die alte Hochstrasse führt. Dies war nicht immer so. In der ersten Auflage 1986 liefen die 20 Teilnehmer 9 Kilometer von Nakendorf nach Hoholz. Die gesamte Strecke führte über die alte Straße. Die Siegerehrung fand damals im Grünen Baum statt. Es gab Zinnbecher. Heute waren 168 am Start und für die Kinder gab es Gummienten und Frösche. Sehr wahrscheinlich hat man damals wie heute einen ganzen Abend darüber diskutiert, welche Preise angeschafft werden sollten. (Kurze Frage: muss man denn immer etwas gewinnen?) Alte Handelsstrassen führten meist über Anhöhen weil es dort nach Regengüssen weniger Schlamm und Matsch gab. Schwere Fuhrwerke benutzten deshalb diesen Weg, außerdem wollten die Händler sehr wahrscheinlich die Stadtzölle umfahren. Im Mittelalter war die Hochstrasse von Weisendorf auch als Weinstrasse bekannt, denn dort wurde der Wein aus dem Maingebiet in die Oberpfalz gekarrt. Die wesentliche Veränderung für den Lauf kam mit dem neuen Heimatmuseum. Das Wettkampfgeschehen mit Start, Ziel und Verpflegung wurde dorthin verlagert, die Strecke wurde angepasst und es kamen Schülerläufe dazu. (Stichwort Gummiente). Was blieb war der eine Laufkilometer auf dem alten Handelsweg. Schade, denn als ich erst einmal dort war, zwischen Kilometer acht und neun, erahnte ich die Schönheit und den Zauber dieser Strecke. Ja, ich sage mal, ich hätte ewig weiterlaufen können. Bis Würzburg. Mindestens. 

Bei der  Kurzführung durchs Heimatmuseum war ich nicht so richtig bei der Sache. Wie lang ist die Hochstrasse? Ich glaube, die Rede war von über 100 Kilometer, oder waren es 1000? Aber die Zeit drängte, wir mussten ja an den Start. Gott sei Dank nur 10 Kilometer, ein Gewitter war im Anmarsch und bei 1000 Kilometer wären wir sicher nass geworden. Wir blieben trocken, nur von einem Rasensprenkler, den ein Dorfbewohner auf die Strasse gestellt hatte, bekam ich einige Tropfen ab. Ein erster Anflug von Dorfftestcharaker. Schließlich kam auch ein heftiger Wind auf, hügelig war es auch (wie es sich für einen guten Dorflauf eben gehört) – aus diesem Grund würde ich vorschlagen: für alle Teilnehmer zwei Minuten Gutschrift. Der Lauf hat wirklich alles was ein sehr guter Dorflauf braucht: eine gekühlte Kuchentheke, familiäres Orga-Team und eine Führung im Heimatmuseum. Ein Hoch auf die Hochstraße.