Sport hilft, Kalorien zu verbrennen. Ergo gilt für den, der seine Figur halten will: Wer viel läuft, darf viel Kuchen essen, und wer nicht läuft, darf keinen Kuchen essen. Eine bittere Erkenntnis für den Kolumnisten
Nach meiner Kolumne zu einer Radausfahrt im Januar wurde ich von einer Läuferin angesprochen, ob die Geschichte tatsächlich wahr sei. Ich sag mal so: Wo Rennradfahren draufsteht, ist Rennradfahren drin. Auch im Winter, bei Nebel und bei minus 4 Grad. Okay, es waren 4 Grad plus, aber warm war es nicht. Jedenfalls habe ich versucht, mich 4-mal pro Woche zu bewegen. Doch es kommt oft schlimmer als gedacht. Derzeit bekomme ich auch vom Radfahren Beschwerden. Ja, meine Wade mitsamt der Achillessehne sind sensible Gesellen. Seit Wochen ist die Sehne dick. Bitte an dieser Stelle nicht falsch verstehen. Ich kann auch mal ganz gut ohne Training. Wirklich. Wenn da nicht eine Gesetzmäßigkeit wäre, die mir den Tag, besser, das Jahr vermiesen kann: Ich spreche vom Zusammenhang von Kalorienzufuhr und Kalorienverbrauch. Ist die Zufuhr höher als der Verbrauch, führt das zu Gewichtszunahme. Zu meiner Überraschung stellte ich fest: Das gilt tatsächlich auch bei mir.
Bei einem Telefonat mit meinem Sohn klagte ich, dass bald die 7 vorn auf dem Display der Waage stehen würde. Da meinte er lapidar: „Da bleibt nur noch Schwimmen“, er machte eine kleine Pause, weil er wusste, wie sehr ich Schwimmen liebe, und schob hinterher, „oder noch besser: Aquajogging.“ Das Wort Aquajogging hörte ich gar nicht mehr, weil er in ein lautes Lachen ausbrach. „Jetzt mal im Ernst, du hast doch bestimmt noch die alte VetWest von damals im Keller. Mit der gehst du gleich morgen um 6:00 Uhr mit den Kampfschwimmern ins Wasser“, damit legte er, höchst amüsiert über seinen Vorschlag, auf.
Schwimmen? VetWest? Zunächst vergewisserte ich mich, ob meine alte VetWest von 1989, die ich mir bei meiner ersten schweren Verletzung meiner Achillessehne aus den USA importieren ließ, noch im Keller war. Tatsächlich. Als ich mit diesem Ding zum ersten Mal in Deutschland in einem Hallenbad aufkreuzte, wurde ich direkt des Schwimmbads verwiesen. Im Gegensatz zu den heutigen Gerätschaften für diesen Zweck – im Wasser laufen – war das ein klobiger, erster Prototyp. Es hätte auch als Tiefseetaucheranzug durchgehen können. Aber, ich sage einmal so, die Arme und Beine waren frei beweglich. Kaum machte ich mich damals mit diesem Anzug auf in Richtung Becken, stürmte der Bademeister auf mich zu und brüllte: „Kleiderschwimmen verboten!“ Ich versuchte, ihm zu erläutern, für was das Ding gebaut ist: „Es gibt einem Auftrieb, und damit kann man im tiefen Wasser laufen.“ Er verstand aber keinen Spaß, verwies mich noch auf den einzigen Tag, an dem ich mit diesem Ding kommen könnte, Donnerstag, 20:00 Uhr, da käme die Tauchsportgruppe.
Gut, dass sich das Aquajogging in der heutigen Zeit durchgesetzt hat. Ohne uns Pioniere wäre das nie möglich gewesen. Ja, ich habe mir sogar erzählen lassen, dass im Tübinger Freibad jeden Abend einige Menschen um die Wette laufen (natürlich nicht auf dem Wasser, sondern im Wasser). Gesehen habe ich das nicht, weil ich nicht ins Freibad gehe. Wenn überhaupt, schwimme ich im Neckar. Nein, Laufen ist nicht, Rennradfahren auch nicht und Schwimmen keine Option. Was also tun? Von nun an, das war mir mit Blick auf die Waage klar, musste ich dorthin, wo es wehtut. Seit meiner Jugend gehört ein Kaffee mit einem Stück Kuchen am Nachmittag zu meiner täglichen Routine. In meinem Leben als Läufer gehörte das wenige Stunden vor einem Wettkampf sogar zu meinem Vorstartritual. Nach Kaffee und Kuchen ging er los, der Countdown im Kopf. Heute gehört das zum Vorstartritual eines Bühnenauftritts. Gehört? Nein, G-E-H-Ö-R-T-E! Bevor ich ins Wasser gehe, esse ich lieber keinen Kuchen mehr. Ab sofort (bis zum ersten Laufschritt)!
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