….die neue Kolumne November 2019 / RUNNERS WORLD ist da!
Im Sommer lief ich locker leicht auf der Hauptallee in Wien. Tausende Läuferinnen und Läufer waren mit mir unterwegs. Herrlich.
Und genau hier, auf der Hauptallee in Wien, wird Eliud Kipchoge sein „zwei Stunden Dingens“ machen. Marathon unter zwei Stunden, zweiter Versuch. Ich konnte schon die neuen, leuchtend orange, Kilometermarkierungen auf dem Asphalt entdecken. Geniale Idee, dachte ich. Es gibt nur wenig Strecken, die solchen Bedingungen bieten, um das „zwei Stunden Dingens“ durchzuziehen. Eine 4,3 Kilometer lange Gerade und jeweils am Ende einen Kreisverkehr. Der Praterstern an einem, das Lusthaus am anderen Ende. Hier also – auf der Hauptallee in Wien – findet der letzte Showdown der Laufgeschichte statt. Das Duell Mensch gegen Uhr, Marathon unter zwei Stunden. Angesicht diesem sich anbahnenden historischen Ereignis, vergleichbar nur noch mit dem ersten Mondflug, wie machen Kommentatoren meinen, konnte ich nicht widerstehen und machte auf der Hauptallee Tempoläufe. 8 x 1000 Meter.
Ich orientierte mich natürlich nicht nach den neuen orange leuchtenden Kilometermarkierungen von Eliud. Hallo? Natürlich orientierte ich mich, wie schon seit immer, an den weißen Doppelstrichen am Baum. (Kleiner Tipp: Lassen sie sich von all den vielen Kilometerangaben, die es auf der Hauptallee gibt, nicht in die Irre führen. Die eigentlich richtigen, die Zählen, sind die weißen Doppelstriche am Baum.) Und ich bin schon ein wenig enttäuscht, dass Eliud seine eigenen braucht. Aber sei`s drum.
Start ist am Praterstern – genauer am Zebrastreifen zum Eingang Hauptallee. Kilometer 1, (2. Baum vor Eingang Hockeystadion). Kilometer 2 (3. Baum vor Bahnhof Liliputbahn). Kilometer 3, (12. Baum vor der Autobahnbrücke). Kilometer 4, (2. Baum vor 3. Straßenlaterne vor der Zugbrücke). Die Zahlen stehen auch mit weißer Farbe auf dem Asphalt. (ist vielleicht leichter zu erkennen….).
Locker bleiben, Rollen, das war die Devise. Schließlich mache ich ja nicht alle Tage Tempoläufe. (Ich weiß, mir nimmt das keiner ab, aber im Grunde mache ich nie Tempoläufe.) Erster Lauf: 3:29 Minuten. Ach war ich locker! Nasenatmung kann ich nur sagen. Zwei Minuten Pause. Zweiter Lauf 3:27 Minuten. (Läuft doch!)
Eliud wird bei seinem „zwei Stunden Dingens“ auf der Reichsbrücke starten. Erst nach zwei Kilometer wird er auf die Hauptallee einbiegen. Dann runter zum Lusthaus und wieder rauf zum Praterstern. Wieder runter und wieder rauf, runter und rauf. So lange, bis die 42,195 Kilometer voll sind. Ziel wird die Kreuzung am Stadionbad sein.
Mein dritter Tausender ging mir so locker von der Hand, besser gesagt vom Fuß, was kein Wunder war, denn hier hat die Stadt Wien nur für Eliud einen neuen Asphalt aufgelegt. Die Folge: 3:25 Minuten für meinen dritten Tausender.
Eine Sauererei ist allerdings, dass die berühmten und schon seit 1693 in Wien fahrenden Fiaker dort wegen des „zwei Stunden Dingens“ einen Umweg fahren müssen. Gefahr von Spurrillen. Skandal!
Nach meinem vierten Tausender (3:27) wurde es schwer: Gegenwind. Ja, es kann auf der Hauptallee Wind geben. Oft. Im Sommer wehte das Lüftchen vom Westen her. Im Herbst meist kalt und stürmisch von Osten. Eliud wird das nichts anhaben können. Er läuft mit fahrbarer Windschutzwand, mit aus.- und einsteigenden Tempomachern, mit Energie-Return-ums-Fett-kreiselndem-Isotropen-Getränk und weiteren PR trächtigen Details. Aus all den Gründen zählt das Ergebnis auch nicht. Es ist kein Wettkampf. Vielmehr geht es bei dem „zwei Stunden Dingens“ um die Ist-es-möglich-Geschichte. Nicht um das Gelingen. Vorteil: so kann man das noch ein paar Mal wiederholen. Austragungsstädte können sich schon mal bewerben.
Meine letzten Tausender? 3:22, 3:22, 3:24, 3:22 Minuten. Immer bei den Doppelstrichen am Baum, gegen den Wind aber auf schnellem Asphalt. Danke Wien.
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