Die neueste Erkenntnis: Tempoläufe sind Mist. Und wie immer weiß ich, wovon ich schreibe…..


„Tempoläufe sind etwas für Feiglinge.“ Ich lasse den Satz jetzt einfach einmal so stehen und nachhallen und komme direkt zu meinen Hühnern. Wußten Sie, dass Hühner bei dieser Bruthitze, die sich in diesem Sommer über Deutschland legte, keine Eier legen. Ich wußte das, habe es aber verdrängt. Als ich aber den Hühnerstall mitsamt dem Freilauf nach Eiern abgesucht hatte und nur ein einziges Dingens proTag – pro Tag! – fand, dachte ich: die Viecher sind ganz schön schlau. 

Unsereins nimmt ja keine Rücksicht auf Hitze. laufen, laufen, laufen. Nun gibt es Experten, die zum Laufen bei Hitze „frühmorgens“, „spätabends“ oder „nur im Wald“ raten. Hallo? Trotz aller Expertenratschläge machen meine Hühner das nicht: bei Hitze Eier legen. frühmorgens noch spätabends noch im Wald. 

Wie Sie wissen, halte ich es zunehmend wie meine Hühner. Stichwort Ruhetag: Hühner legen 6 Eier in der Woche, deshalb laufe ich ebenfalls nur 6 mal pro Woche. Und bei Hitze? Richtig: keine Tempoläufe. Die werden ohnehin überbewertet. Seit Januar laufe ich am Ende des Monats eine schnelle Fünf – fünf schnelle Kilometer. Das verrückte dabei: meine schnellsten Zeiten lief ich aus dem Nichts. Also nicht wirklich aus dem Nichts. Sagen wir: aus dem Dauerlauftraining. Mal 30 Minuten, mal eine Stunde, mal sehr langsam, mal etwas schneller, und ja, auch mal gesteigert (aber selten). So lief ich die vier schnellsten von bisher sieben 5-Kilometer-Läufen. Bei den andern dreien wollte ich alles richtig machen. Tempoläufe. 1000-er in Medium-Pace, 300-Meter-Intervall für die Tempohärte und ein TDL, um die Basis hoch zu halten. Was passierte? 

Nach einer Woche tat mir alles weh, nach zwei Wochen meldete sich meine Wade (die ich ignorierte, was immer ein Fehler ist) und nach drei Wochen war es aus. Ende Juli humpelte ich bei meiner schnellen Fünf nach 20:38 Minuten ins Ziel. Ich weiß was Sie jetzt denken: Ist doch gar nicht schlecht.“ Ja, das denke ich auch. Aber ist es nicht erstaunlich, dass ich ohne dieses ganze Tempogedöns zwei Minuten schneller laufe? Deshalb rufe ich hiermit ein„Jahr ohne Tempoläufe“ aus. Mein Motto: Wettkampf ist Tempo genug. 

Ja klar, ohne Tempoläufe weiß man nicht, wo man steht. Bin ich fit? Schaffe ich das? Nochmals: Tempoläufe sind etwas für Feiglinge. (Schon vergessen?) Ach, schon höre ich die Stimmen meiner Kritiker, die sagen: „Was jetzt? Du schreibst doch in jeder zweiten Kolumne, ohne Tempoläufe fehlt das Salz in der Laufsuppe. Immer nur Dauerlaufen? Langweilig.“ Mein Antwort: Liebe Freunde, ich habe mich getäuscht. Es ist doch genau umgekehrt: mit Tempoläufen ist das Laufen langweilig, denn das Ergebnis des bevorstehenden Wettkampfes ist dadurch vorhersehbar. Oberlangweilig! Die Wahrheit ist: ohne Tempoläufe wird es erst zum Abenteuer.

Auch ich dachte lange, nur mit Tempoläufe könne man sich beim Laufen so richtig spüren –  die Atmung, der Herzschlag. Kann ja alles sein, aber wenn ich ohne Tempoläufe in einen 5-Kilometer-Lauf gehe, rast mein Herz schon an der Startlinie und meine Atmung macht vor lauter Anspannung Sprünge. Wie geil ist das denn? Und da ich gerade dabei bin: Wissen Sie, was ich bei Tempoläufe in den letzten Jahren spürte? Ich weiß es, habe es aber verdrängt: Ich spürte sehr schmerzhaft die Wade und als Folge meine Achillessehne. Danach spürt ich mich zwei Wochen überhaupt nicht mehr: Laufpause. Wie blöd kann man sein? Dann doch lieber Dauerläufe. 312 im Jahr. (Richtig, die Hühner! Sechs mal pro Woche) Mal 30 Minuten, mal eine Stunde, mal sehr langsam, mal etwas schneller und ja, auch mal gesteigert. Und bei Hitze? Halte ich es wie meine Hühner. Ich laufe gar nicht. Ich fahre Rennrad. Keine Zwischenzeiten, keine Pulswerte, keine Wade, keine Sehne, nur das Surren des Kettenblatts. Und spüren? Spüren tue ich mich auch, spätestens bei meiner nächsten schnellen Fünf Ende September.