Ursache unbekannt

Mit zunehmenden Alter darf man sich ruhig weiter Herausforderungen stellen.  Man sollte jedoch in der Lage sein, flexibel mit diesen umzugehen. Gelassenheit ist Trumpf.

Erinnern Sie sich an meine 5-Kilometer-Challenge? Ein Jahr lang jeden Monat einmal 5 Kilometer „all-out“. Dazu gleich mehr.  Einsteigen möchte ich mit einer Frage meines Gesprächspartners beim Podcast Kaufmännischen Krankenkasse. Simon Kopelke, Marathon-Freizeitläufer, spielte auf die Challenge an und wollte von mir wissen: „Wie knacke ich meine Bestzeit?“ Ich antwortet: „Das wüsste ich auch gerne.“ Denn meine Bestzeiten – Training hin, Ruhetag her – knacke ich nicht mehr. Ich werde seit 25 Jahren immer langsamer. Jahr für Jahr. 

Kopelke hackte weiter nach und erkundigte sich nach meinem Plan. „Du möchtest bestimmt jeden Monat ein paar Sekunden schneller laufen?“ 

Dazu fällt mir ein Ausspruch meinen Läuferkollegen Nico Motchebon (800 Meter. Sie erinnern sich? Atlanta 1996, 5. Platz) ein: „Gut, dass wir Spitzensportler die Midlifecrisis schon mit Ende 20 hinter uns haben. So wissen wir, anders als die meisten, was auf uns zukommt.“ Er sprach von jener Phase der Karriere, in der man spürt, dass die Belastbarkeit abnimmt, man immer weniger beweglich ist, die Schnelligkeit fehlt und man im Training immer ein paar Sekunden zu langsam ist.“ Dank dieser Erfahrung wissen wir, dass die Belastbarkeit sich zwar trainieren lässt und Erschöpfungszustände – beim Laufen wie im Beruf – sich mit Training hinauszögern lassen. Aber trotz aller Übung gibt es Grenzen. Eine davon nennt sich Alter.

Ach Schluss mit der Philosophiererei! Das bringt uns nicht weiter. Zurück zum Laufen, da kenne ich mich besser aus. In der Frage nach den Bestzeiten kann ich allen, die erst mit 35, 40 oder 45 so richtig mit dem Laufen angefangen haben, (also noch richtig im Saft stehen), Hoffnung machen: Es können zehn gute Läuferjahre werden – gutes Training und wenig Ausfälle vorausgesetzt. Heute möchte ich aber nicht auf das Training eingehen, sondern auf die Ausfälle. (Ja, die gib es.) Und jetzt, liebe 35, 40, 45 Jährige, bleiben Sie bitte weiter dran. Es ist doch immer gut zu wissen, vorauf man sich einstellen muss, nicht wahr? 

Ich sage nur Wade! Das ist eine sehr mysteriöse Verletzung. Ein lockerer Dauerlauf, dann, aus dem Nichts, ein Stich, ein Krampf, ein Schmerz. In der Wade. Laufen ist von einem Schritt zum anderen unmöglich. Es strahlt in die Achillessehne aus, ins Sprunggelenk. Was ist die Ursache? „Magnesium“, „Calcium“, „Zink“, „Rücken“, „Schuhe“, „Beweglichkeit“, „zu kalt“, „zu heiß“, „Vollmond“ „Training an ungeraden Tagen“. Kurzum: Ursache unbekannt. Seit einiger Zeit ein neues Phänomen: Aus dem Nichts, ein Stich, ein Krampf, ein Schmerz – die Adduktoren. Mal links, mal rechts. Der Schmerz strahlt in Richtung Oberschenkel, zum Knie. Ursache? Genau. Unbekannt.

Lassen sie mich zufassen: In den ersten zehn Jahren einer Läuferkarriere, ganz egal ob diese mit 20 oder mit 40 beginnt, werden wir fitter, schneller, schöner und und klar, wir sehen auch sexy aus. Dann kommt die Phase der Stagnation. Es tut sich nichts mehr. Hier heißt es: Dranbleiben! Dann kommen die mysteriösen Verletzungen. Aus dem Nichts. Ich rate zu Gelassenheit.

Ach ja, meine Challenge. Ende März: 27:03 Minuten. Eine Katastrophe. Ursache: unbekannt. Aber natürlich gibt einen Plan. Auf keinen Fall jeden Monat ein paar Sekunden schneller. Denn mal unter uns, wer weiß schon, was in einem Monat ist. Unbekannt. Deshalb gehe mit einem altersgerechten Motto durch das Jahr 2022: man muss das Eisen schmieden, so lange es heiß ist. Nächsten Monat haue ich EINEN RAUS! Und übernächsten AUCH!! UND ÜBERÜBERNÄCHSTEN SOWIESO!! 

Egal was kommt. Gelassenheit? Sagte ich irgendwann etwas von Gelassenheit?