Was ist Training?
Ob jemand „trainiert“ wird nicht über eine bestimmte Leistungsfähigkeit definiert. Es spielt keine Rolle, wie schnell jemand laufen kann oder ob besonders lange. Nein, Training funktioniert bei allen Läuferinnen und Läufer gleich.
Und das Beste für Untrainierte, für Laufeinsteiger ist, dass jede Art von sportlicher Bewegung ein besonderer Reiz für den Körper bedeutet und durch körperliche Anpassung beantwortet wird. Dies führt automatisch und auch sehr schnell zu einer Leistungsverbesserung.
Training ist ein Anpassungsprozess an Belastungsreize. Jede Art von sich wiederholenden Tätigkeiten führt zu einer Anpassung. Ein Lauftraining führt zur körperlichen Ermüdung, in der darauf folgenden Erholungsphase passt sich der Organismus an die Belastung an. Diese Anpassung ist eine spezifische Leistungsentwicklung.
Schon am Trainingsprogramm für Laufeinsteiger von 0 auf 50 Minuten können sie exemplarisch die wichtigsten Trainingsprinzipien erkennen. Das sind Kontinuität (drei mal pro Woche über sechs Wochen), Belastung und Erholung (Lauftage und Ruhetage im Wechsel), Progressivität (Laufzeit wird länger) und Variabilität (Abwechslung von Tempo bzw. Streckenlänge).
Ohne sich der Tatsache bewusst zu sein, trainieren sie mit den ersten Laufversuchen und wenden einzelne Trainingsprinzipen an.
Die vier wichtigsten Trainingsprinzipien: das Prinzip der Wiederholung und Kontinuität, das Prinzip der optimalen Gestaltung von Belastung und Erholung, das Prinzip der progressiven Belastungssteigerung, sowie das Prinzip der Variabilität.
Das Prinzip der Wiederholung und Kontinuität
Ausdauer oder allgemeine Fitness können sie nicht auf „Vorrat“ trainieren. Es gelingt sehr schnell einen guten Grundstock zu legen, aber genauso schnell werden sie ihre Ausdauer wieder verlieren. Mit einem nur sporadischen ab-und-zu-Laufen erreichen sie wenig bis nichts. Folgt nach einem geglückten Laufeinstieg von sechs Wochen eine Laufpause von vier Wochen, stehen sie wiedder bei null. Sorry, aber so ist es.
Klar kann das Training ausfallen. Beruf, Familie, Krankheit können zu kleineren oder größeren verständlichen Pausen führen. Ausreden wie schlechtes Wetter, keine Lust, keine Zeit gelten nicht. Mit unnötigen Trainingsunterbrechen rauben sie sich selbst dieses positive Lauferlebnis.
Wichtig: Das Trainingsniveau ist kein stabiler Zustand. Ausfälle durch Krankheit, Verletzung oder aus anderen Gründen führen zu einem Leistungsabfall.
Ganz egal welche Motive sie antreibt zu laufen, ganz egal warum sie laufen, die Selbstverständlichkeit des Laufens, sie erinnern sich – Stichwort Lebensläufer – diese Selbstverständlichkeit werden sie nur durch Kontinuität, nur durch regelmäßiges Training erreichen.
Das Prinzip der optimale Belastungs- und Erholung
Der zeitlich richtige Rhythmus von Belastung und Erholung ist enorm wichtig für die Effektivität des Trainings. Durch einen Trainingsreiz wird die Homöostase (das biochemische Gleichgewicht) des Organismus gestört. Das führt zu einer kurzfristigen Verringerung der Leistungsfähigkeit. In der folgenden Erholungsphase (Regeneration) werden die entleerten Energiespeicher wieder aufgefüllt. Als Anpassung auf den Belastungsreiz reagiert der Organismus sogar mit einer Überreaktion, quasi als Schutzmechanismus vor einer erneuten Ermüdung. Damit wird kurzfristig ein höheres Leistungsniveau erreicht. (Superkompensation). Das ist der beste Zeitraum im Trainingsprozess für einen neuerlichen Belastungsreiz, um die entsprechenden Anpassungsvorgänge wieder von neuem in Gang zu setzen.
Der Zeitpunkt der optimalen Superkompensation ist von der Stärke der vorangegangenen Belastung und den Regenerationsmöglichkeiten abhängig. Und natürlich unterliegt die Superkompensation individuellen Schwankungen. Eine sichere Zeitspanne für Laufeinsteiger sind etwa 2-3 Tage für eine erneute Laufbelastung.
Fehlt es an Kontinuität in ihrem Training – sie laufen nur sporadisch, beispielsweise nur einmal pro Woche – kann es zu keiner großen Leistungsentwicklung kommen. Ein Lauftraining mit zu vielen Pausen führt sehr schnell Frustrationserlebnissen – weil die Lauferei immer anstrengt bleibt – und am Ende führt es zum Abbruch des Laufens.
Tipp: Besser ist es 5 x pro Woche 10 Minuten zu laufen, als 1 x 50 Minuten. Laufen sie mindestens dreimal pro Woche!
Aber Vorsicht: Schnelles Laufen erfordert selbstverständlich längere Erholungszeiträume. Wenn sie sich bei jedem Dauerlauf mit einem Mitläufer einen Wettkampf liefern, zudem die Laufeinheiten zu nah aufeinander folgen, erreichen sie mit der Zeit nicht den gwünschte Leistungsentwicklung. Im Gegenteil, ihre Leistungsfähigkeit sinkt. Allerdings kann es bei einem dreimaligen Training pro Woche, gleichmäßig auf sieben Tag verteilt und bei körperlicher Gesundheit nur in Ausnahme Fällen zu einem solchen negativen Entwicklung der Leistungsfähigkeit kommen.
Sehr schnell kann es aber zu einem solchen negativen Effekt kommen, wenn sie bei einer akuten Krankheit nicht auf das Laufen verzichten wollen. Durch die Krankheit geschwächt braucht ihr Körper viel länger, um sich von den Laufeinheiten zu erholen – wenn überhaupt. Es gilt die Regel, bei Krankheit oder Verletzung brauchen sie eine Laufpause.
Ein optimaler Belastungs- und Erholungsrhythmus bedeutet: Die Lauf freien Tage gehören genauso zum Training wie das Laufen selbst. Nochmals möchte ich auf den Laufeinsteigerplan von 0 auf 50 Minuten verweisen, bei dem sie dieses Trainingprinzip auf das einfachste reduziert deutlich erkennen. Der Faktor der Erholung ist ganz entscheidend für den Anstieg der Leistungsfähigkeit.
Tipp: Jede Anpassung ist abhängig von Umfang, Intensität und Erholung. Jede Trainingseinheit wirkt spezifisch entweder durch die Dauer der Belastung oder durch die Intensität. Auch Ruhetage oder ruhige Läufe haben eine Trainingswirkung.
Das Prinzip der Progressivität
Fast alle Läuferinnen und Läufer beginnen das Laufen auf einer bestimmten Strecke. Diese eine Strecke möchten sie in einigen Wochen läuferisch in den Griff bekommen.
Gerade durch diese klare und einfache Zielsetzung, diese Runde – und nur diese Runde – einmal am Stück durchlaufen, ist ihnen der Laufeinstieg leicht gefallen. Nach wenigen Wochen hatten sie ein gutes Laufniveau erreicht und sie liefen ihre Strecke dreimal pro Woche immer in derselben Zeit.
Sehr schnell wurde diese Runde zur Heimstrecke für sie. Hier kennen sie sich aus, wissen, wie lange sie noch von jener Wegkreuzung, Baumgruppe oder Wiese nach Hause brauchen, begegnen zur selben Tageszeit immer den gleichen Spaziergängern, Läufer oder auch Hund mit Mensch. Die meisten Läuferinnen und Läufer laufen noch Jahre später auf dieser Runde und fühlen sie sich gerade dort sehr wohl.
Da im Laufe des Trainingsprozesses das Leistungsniveau ansteigt, ist es geradezu zwangsläufig, die Intensität der Belastungen langsam zu steigern (progressive Belastungssteigerung), um weiter effektive Trainingsreize zu setzen. Als Laufeinsteiger ist das sehr einfach. Laufen sie schon einige Jahre wird das schwerer.
Bleiben wir am Beispiel eines Laufeinsteigers. Ohne größere Probleme haben sie es geschafft 50 Minuten zu laufen. Ihr Körper reagierte auf die Laufbelastung und passte sich an. Aber, nach einigen Monaten haben sie den Eindruck, dass der Aufwärtstrend, die steigende Fitness nicht weiter geht. Ihre Leistungsfähigkeit bleibt unverändert – zwar auf höherem Niveau als noch vor dem Laufeinstieg, aber unverändert.
Für weitere Lauffortschritte hilft eine progressive Trainingssteigerung. Neue Trainingreize bedeuten für ihren Körper neue Anpassungen. Dies wiederum führt zur Leistungssteigerung.
Für alle Läuferinnen und Läufer, gilt zunächst einfach nur dranzubleiben (schwer genug!) Kontinuität ist das Schlüsselwort.. Im weiteren Verlauf des Lauftrainings sollten sie die Streckenlänge oder die Anzahl der Lauftage erhöhen, nicht das Tempo. Laufen sie ihre lieb gewonnen Runde zweimal oder versuchen sie noch einen zusätzlichen Lauftag in der Woche zu integrieren. Auch das ist eine progressive Trainingssteigerung.
Progressive Belastungssteigerung bedeutet aber nicht nur immer länger und immer mehr. Ab einer bestimmten Leistungsfähigkeit bedeutet progressive Belastungssteigerung auch schnelleres Lauftempo. Aus meiner Sicht ist das die ideale Möglichkeit für sie, in ihrem Training weiter zu kommen. Sich besser, wohler, fitter zu fühlen. Schnelles Lauftempo sind Einheiten wie Fahrtspiel, Intervallläufe, Tempodauerläufe – um nur drei Beispiele zu nennen.
Der Grundgedanke einer höheren, ungewohnten Reizsetzung ist, dass ein System gegenüber gleich bleibenden Reizen abstumpft und schwerfällig wird. Wohingegen neue Anforderungen, neue Anpassungsbedingungen für den Organismus darstellen und ihn zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit diesem Reiz zwingen. Im Training bedeutet das zunächst eine stärkere Ermüdung als normal, auf die mit der Erholung eine ausgeprägte Leistungssteigerung folgt.
Mit dem Wechsel von Belastung und Erholung – Lauftage im Wechsel mit Ruhetagen für Laufeinsteiger oder aber, langsame Dauerläufe im Wechsel mit Tempoläufen für ambitionierte Läuferinnen und Läufer – mit diesem Wechsel werden Anpassungen gefördert und eine bessere Leistungsfähigkeit geschaffen. (Superkompensation).
Wichtig: Die Leistungsentwicklung braucht Zeit und Geduld. Die verschiedenen Anpassungsprozesse reagieren erst nach wiederholten Reizen. Die Verbesserung eines momentanen Leistungsniveaus dauert ca. 4-6 Wochen und kann in mehreren Etappen bis zu einem individuellen Optimum gesteigert werden.
Das Prinzip der Variabilität
Das Prinzip der Variation (Abwechslung) ist auf meiner Sicht der Turbo für ihr Training. Je abwechslungsreicher, desteo mehr Freude haben sie, desto mehr Motiviert bleiben sie und: um so fitter werden sie. Aus meiner Sicht ist Variation das entscheidende Schlüsselwort in ihrem Training.
Variation im Training hat viele Gesichter: unterschiedliche Strecken und Streckenlängen, die Trainingshäufigkeit pro Woche, die Laufgeschwindigkeit bei Dauerläufen oder die Variation von unterschiedlichen Trainingsformen. Gerade mit einem eingeschränkten Zeitbudget werden sie mit dem Prinzip der Variation in ihrem Training viel erreichen.
Das gilt nicht nur für die ambitionierte Läuferin oder Läufer, sondern für alle – auch für diejenige, die gerade mit dem Laufen angefangen haben. Kurz gesagt könnte der Einstieg so aussehen: Sie sollten ihr Training zunächst durch unterschiedliche Strecken gestalten. Erhöhen sie ihre Trainingstage pro Woche und als letzter Schritt spielen sie mit ihren Lauftempo.
Die Chance: Mit jeder neuen (Lauf)Aufgabe, die sie ihrem Körper stellen, wird es zu neuen Anpassungen und damit zu einer Leistungssteigerung kommen.
Kontinuität
der optimale Belastungs- und Erholungsrhythmus
Progressivität
Variation
Mit dieses vier Prinzipien werden sie sich auf lange Zeit die Freude und Begeisterung am Laufen erhalten. Neue Aufgaben, neue Herausforderungen und Zielsetzungen lassen die Motivation nicht erlahmen und mit dem verbesserten Laufvermögen macht ihnen ihr Hobby ganz sicher große Freude.